Roger Corman, 2010 mit dem Ehrenoscar für u.a. die Förderung junger Filmemacher ausgezeichnet, gehört sicherlich zu den interessantesten Personen im amerikanischen Filmgeschäft. Als Produzent von fast 400 Filmen – die Spanne reicht vom gröbsten Trash bis hin zu zeitlosen Klassikern – half er namhaften Größen wie Martin Scorsese, Robert De Niro, Peter Bogdanovich, Jack Nicholson oder Joe Dante Fuß zu fassen in jener schnelllebigen Industrie. Darüber hinaus führte Corman vor allem in der Anfangszeit seiner Karriere oft selbst Regie, wobei hier besonders seine Beiträge aus dem Bereich des phantastischen Films (Sci/Fi oder Horror) eine große Anhängerschaft haben. Aus jener Zeit stammt auch der von American International Pictures vertriebene Der grauenvolle Mr. X, der als Episodenfilm konzipiert ist und drei bekannte Kurzgeschichten Edgar Allan Poes zur Vorlage hat. Mit Corman an der Kamera, dem Großmeister des Gothikhorrors Vincent Price als Darsteller in allen drei Episoden und den Schauspielgrößen Peter Lorre und Basil Rathbone als Stars in jeweils einem der Kapitel, steht hier einem schaurig schönen Gruselspektakel nichts mehr im Wege.
Von einem Ich-Erzähler begleitet, werden die drei Episoden des Films eingeleitet, wobei der Film mit der Geschichte von „Morella“ beginnt. Nach dem Tod seiner Frau Morella hat sich Locke (Vincent Price) in seinem Schloß zurückgezogen. Da er das Ableben seiner Frau noch immer nicht überwunden hat, wurde sie auch nicht begraben, sondern liegt noch immer in ihrem Totenbett. Erst nach Jahren, als seine Tochter Lenora zu Besuch kommt, entwickelt er die Kraft, seine tote Frau zu begraben. Nun ist es jedoch zu spät, da Morella – oder ihr Geist, die der Auffassung ist, Lenora sei der Grund für ihren Tod gewesen, was wiederum dazu geführt hat, dass Locke die Tochter jahrelang verstoßen hat, das Wiedersehen von Vater und Tochter ausnutzt, um in Lenoras Körper zu fahren und eine Transformation durchzuführen, sodass nun Lenora an ihrer Stelle ist und Morella ihre Rache haben kann.
Tales of Terror beginnt meines Erachtens mit der schwächsten der drei Geschichten. Zwar versprüht das Set einen morbiden Charme und auch das Matte Painting vom Schloß inkl. obligatorischem Gewitter befördert den Zuschauer in die passende (Grusel)Stimmung, doch inhaltlich möchte das Gezeigte nicht wirklich überzeugen. Wie alle Episoden ist auch diese recht lose an Poes Vorlage geknüpft, sodass es in diesem Fall durchaus bei der Nachvollziehbarkeit hapert, da vor allem das Ende und Morellas Motivation nicht wirklich geklärt werden kann und so Raum für Spekulationen bleibt.
Mein persönliches Highlight folgt nach „Morella“, ein Mix aus „Der schwarze Kater“ und „Das Fass von Amontaillado“ mit Peter Lorre als Montresor, der dem Alkohol nicht ganz abgeneigt ist und so seine schöne Frau immer wieder um Geld für den Kneipenbesuch anbettelt. Eines Abends, Montresor ist gerade aus einer Lokalität geworfen worden, platzt er in eine Versammlung von Weinhändlern und fordert den Weinkenner Luchresi (Vincent Price) zu einem Verkostungsduell an. Erstaunlicherweise erkennt Montresor alle Weinsorten ist danach aber so betrunken, dass er von Luchresi nach Hause gebracht werden muss, wo sich dieser in Montresors Frau verliebt. Die Beiden beginnen ein Verhältnis, doch Montresor kommt bald dahinter und schmiedet einen teuflischen Plan, der schlussendlich nur von seinem schwarzen Kater durchkreuzt wird.
Jenes Segment lebt schlicht und einfach von dem Spiel Peter Lorres, der sich sichtlich wohl zu fühlen scheint als Montresor. Witzig, leicht psychopathisch und durchtrieben und so ist auch sein Spiel angelegt. Dazu Price als hochnäsiger Weinkenner, der in diesem Film seine Wandlungsfähigkeit gekonnt zur Schau stellt. So macht es schlicht Spaß, dem Treiben zuzuschauen und auch hier wurde ein liebevolles Set gestaltet, das dem Ganzen als Spielort dient. Interessant sind sicherlich die Halluzinationen Montresors. Während exotische Spinnentiere und Reptilien vor 40 Jahren vielleicht noch Angst verbreitet haben, ist besonders die Episode, in der Montresor träumt, ihm werde der Kopf abgerissen, auch heute noch durchaus sehenswert, hat man doch allerlei Tricks angewendet, um die Perspektive zu verzerren und Lorre kopflos durch die Gegend irren zu lassen.
Beendet wird Der grauenvolle Mr. X dann mit der Adaption von „The Facts in the Case of M. Valdemar“. Vincent Price schlüpft hier in die Rolle des tödlich erkrankten Valdemar, der mit Hilfe der Hypnose eines gewissen Carmichael (Basil Rathbone) zumindest Schmerzlinderung erfährt. Sein Hausarzt Dr. James und seine Frau Helene vertrauen diesem Ritual jedoch nicht und schon bald zeigt sich, was Carmichael im Schilde führt. Kurz vor dem Tod Valdemars setzt er diesen erneut in Hypnose und verhindert so, dass Valdemars Geist seine letzte Ruhe findet. Carmichael möchte nämlich die Heirat mit Helene erzwingen, die nach dem Ableben Valdemars Dr. James versprochen wurde. Carmichael, der die Kontrolle über Valdemars Geist hat, möchte diesen nun zwingen, dieses Versprechen zu ändern. Es hat auch erst den Anschein, als ob dies gelingen würde, doch dann obsiegt schließlich Valdemar über Carmichael.
Ähnlich wie die erste Geschichte spielt auch diese ausschließlich in den Gemächern Valdemars und so liegt hier vor allem das Augenmerk auf Rathbone, der hier als undurchsichtiger Hypnotiseur auftritt, bei dem Misstrauen mehr als nur angebracht ist. Vor allem die Idee, den Geist nach dem Ableben des Körpers gefangen und unter Kontrolle zu halten, macht den Reiz aus und verursacht durchaus ein Unbehagen. Umso interessanter ist da die Auflösung der Geschichte.
Aus heutiger Sicht mag keine der drei Episoden noch richtig furchteinflößend oder gruselig wirken, dafür versprühen sie diesen einmaligen Charme jener Produktionen der späten 50er und 60er, der sie sympathisch macht und in Nostalgie schwelgen lässt. Sehenswert ist der Film sowieso allein wegen der Wandlungsfähigkeit Vincent Prices, der hier drei komplett unterschiedliche Charaktere verkörpert und Dank der Auftritte von Lorre und Rathbone. Für Fans jener Werke ist Tales of Terror sowieso ein Muss und prädestiniert für den nächsten dunstigen Sonntagnachmittag: 07/10.